Kriwet Sehtext Rot-Schwarz, 1971
Der Kunstparcours
Sehtext Rot-Schwarz, 1971
Kunst ist Information. Literatur ist die Kunst der Sprache in allen Dimensionen. Zum Träger sprachlicher Informationen eignen sich alle Gegenstände, Materialien und Medien. Die Verräumlichun
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GRANTS, AWARDS, RECOGNITION
2012 Hörspiel des Monats Juli für „Rotoradio“, , NRW
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Über die Künstler:in
Im Rahmen des Projekts nimmt Ferdinand Kriwet, der 2018 im Alter von 76 Jahren in Bremen verstarb, eine besondere Rolle ein: Er steht exemplarisch für die historische Dimension medialer Kunstformen. Ab den 1960er-Jahren setzte sich Kriwet intensiv mit dem Phänomen der Massenmedien auseinander. Neben dem Verfassen eigener Texte verwendete er Audio- und visuelles Material aus TV, Radio und Printmedien in seiner künstlerischen Praxis. Früh fanden seine Arbeiten, die sich nicht klar einer einzelnen Kunstform zuordnen ließen, international Beachtung. Ob Literatur, Musik oder bildende Kunst: Kriwet überschritt bewusst die Grenzen der Gattungen und schuf eine eigene künstlerische Sprache. Heute gilt er als Wort-Bild-Klang-Pionier.
Er selbst bezeichnete sich als Schriftsteller, wurde aber ebenso als „visueller Poet“ verstanden, jemand, der mit Sprache bildnerisch umgeht. Neben seinen typografischen Textarbeiten, die unter anderem 2021 im Heinrich-Heine-Institut und 2011 in einer Retrospektive der Kunsthalle Düsseldorf (Kriwet – Yester ’n’ Today) gewürdigt wurden, entwickelte er für den Hörfunk eine Reihe experimenteller Hörspiele.
Den künstlerischen Durchbruch erzielte Kriwet mit seinen sogenannten Rundscheiben, dichten, kreisförmig aufgebauten Schriftbildern, die zwischen 1961 und 1963 entstanden. Diese Werke gehören zur Gruppe der Sehtexte, die bewusst mit der Wahrnehmung des Lesens spielen. Die Texte sind weder linear noch eindeutig lesbar. Stattdessen verlaufen sie spiralförmig, sind seitenverkehrt gespiegelt oder fragmentiert. Die gewohnte Leserichtung wird aufgelöst, es gibt keinen klaren Anfang und kein klares Ende. Die Betrachtenden sind eingeladen, selbst nach Bedeutung zu suchen, Schrift zu entziffern, Muster zu erkennen.
Ein Beispiel dafür ist der Sehtext Rot-Schwarz von 1971, der im öffentlichen Raum auf dem Union-Areal gezeigt wird. In dieser Arbeit treffen zwei kontrastreiche Farben aufeinander: Rot und Schwarz. Ihre Wirkung ist visuell eindrucksvoll und vieldeutig; sie lassen sich emotional, politisch oder symbolisch aufladen: Rot als Farbe der Leidenschaft, Revolte oder Warnung; Schwarz als Zeichen von Macht, Trauer oder Kontrolle.
Kriwets Arbeiten zeigen, wie sehr Sprache nicht nur Inhalt, sondern auch Form und Bild sein kann. Sie fordern dazu auf, das Lesen selbst als visuelle und sinnliche Erfahrung zu begreifen. Seine großflächigen Textcollagen, oft als Drucke, Plakate oder Rauminstallationen umgesetzt, fanden auch ihren Weg in den Stadtraum. Dort demonstrierten sie, wie Sprache öffentlich wirken kann: als Struktur, als Reiz, als Überforderung oder Einladung zum Denken.
Ferdinand Kriwets Werk bewegt sich zwischen Literatur, Bild und Ton und gerade in dieser Grenzüberschreitung liegt seine künstlerische Kraft.
Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gGmbH
60386 Frankfurt