Siewert Robert
Hoffnungsträger
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PORTRAIT

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Die Maurerschule im KZ Buchenwald.
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Robert Siewert wurde in eine Handwerkerfamilie geboren – sein Vater war Zimmermann, er selbst erlernte den Beruf des Maurers. Nach seiner Ausbildung ging er auf Wanderschaft und arbeitete ab 1908 in der Schweiz, wo er auch Lenin begegnete. Bereits 1906 trat er in die SPD ein, später in die KPD. Von 1920 bis 1929 war er Abgeordneter im Sächsischen Landtag und bekleidete zentrale Funktionen innerhalb der Partei.
Wegen seiner Kritik an der Stalinisierung der KPD wurde Siewert 1929 ausgeschlossen und schloss sich der Kommunistischen Partei-Opposition (KPO) an. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war er im kommunistischen Widerstand aktiv, wurde 1935 verhaftet und nach Verbüßung seiner Haftstrafe 1939 in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert.
Dort wurde er Kapo des Baukommandos 1, einer Arbeitskolonne mit über 1.000 Häftlingen, und übernahm eine führende Rolle im illegalen Widerstand. Gemeinsam mit anderen politischen Funktionshäftlingen setzte er sich gezielt für den Schutz von Kindern und Jugendlichen ein. Unter dem Vorwand, Fachkräfte für die Kriegswirtschaft auszubilden, überzeugte Siewert die SS 1939 von der Einrichtung einer „Maurerschule“. Tatsächlich schützte die jungen polnische und jüdische Häftlinge vor Zwangsarbeit und Deportation.
1942 kam die „Polenschule“ hinzu – offiziell zur Sprachförderung, in Wirklichkeit ein weiterer Schutzraum. Als immer mehr Kinder ins Lager gebracht wurden, unterstützte Siewert die Gründung spezieller Kinderbaracken: 1943 entstand Block 8 im Hauptlager, 1945 Block 66 im „Kleinen Lager“. Bei der Befreiung durch die US-Armee am 11. April 1945 befanden sich fast 1.000 Kinder und Jugendliche in Buchenwald – viele verdankten ihr Überleben dem Einsatz der Widerstandsgruppe um Siewert.
Nach der Befreiung wurde er Innenminister von Sachsen-Anhalt. Doch 1950 fiel er in Ungnade – aufgrund seiner früheren KPO-Mitgliedschaft wurde er aller Ämter enthoben und ins Bauwesen versetzt. Erst nach der Entstalinisierung wurde Siewert rehabilitiert.
Bis ins hohe Alter engagierte er sich im Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer und setzte sich für die Erinnerung an die NS-Verbrechen ein. Er war maßgeblich an der Gründung der Gedenkstätten Buchenwald, Sachsenhausen und Ravensbrück beteiligt.
Quellen: Jugend im KZ Buchenwald Mittelbau-Dora. Rettungsinitiativen: Maurerschule/ begrenzter Schutzraum, online.
Robert Siewert 1887-1973. Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Bund des Antifaschisten vvn-bda Sachsen-Anhalt, online.
Robert Siewert wurde in der DDR vielfach geehrt. In Berlin-Karlshorst, im Chemnitzer Fritz-Heckert-Gebiet und in Weimar wurden Straßen nach ihm benannt. Bis zur Wiedervereinigung trugen auch Schulen in Beutha (Sachsen) und Dahme/Mark (Brandenburg) seinen Namen.
1976 erhielt ein Straßenbauregiment der Nationalen Volksarmee in Neuseddin, in dem Bausoldaten dienten, den Namen Robert Siewert. Auch die Berufsschule des VEB Ausbau und Modernisierung in Ost-Berlin wurde nach ihm benannt.
Zu seinem 100. Geburtstag würdigte die Deutsche Post der DDR Siewert im Jahr 1987 mit einer Sonderbriefmarke.
Nach seiner politischen Rehabilitierung erhielt Siewert den Karl-Marx-Orden. 1972 wurde er zum „Held der Arbeit“ ernannt und 1973 zum „Verdienten Bauarbeiter der DDR“.
Harald Jentsch: Robert Siewert. Eine Biografie. Berlin 2024
Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gGmbH
60386 Frankfurt