Pilecki Witold
Hoffnungsträger
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PORTRAIT

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Freiwillig nach Auschwitz, um die Welt über die NS-Verbrechen zu informieren.
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Withold Pilecki ist 38 Jahre alt, als im September 1939 die deutsche Wehrmacht in Polen einmarschiert. Er ist Familienvater, Gutsbesitzer und plötzlich Widerstandskämpfer. Er schließt sich dem Widerstand, der polnischen Heimatarmee (Armia Krajowa) an, und trifft eine Entscheidung, die ihn in die Geschichte eingehen lässt: Um die Welt über die Verbrechen der Nationalsozialisten zu informieren, lässt er sich 1940 freiwillig ins Konzentrationslager Auschwitz einschleusen – mit falscher Identität und unter Lebensgefahr. Im Lager trägt Pilecki den Tarnnamen Tomasz Serafiński. Seine Häftlingsnummer ist 4859.
Kaum angekommen, beginnt er mit dem Aufbau eines Widerstandsnetzwerks. Ziel: die Insassen am Leben erhalten und langfristig einen Aufstand vorbereiten. Gemeinsam mit Mitstreitern lässt er Essen, Medikamente, Typhus-Impfstoffe und Kleidung ins Lager schmuggeln.
Geschwächte Häftlinge werden auf die Krankenstation gebracht. Die zur Selektion ausgewählten werden vorzeitig aus dem Krankenbau entlassen. Um Tbc-Infizierte vor der Todesspritze zu retten, werden Diagnosen gefälscht. Todesmeldungen werden zurückgehalten – alles, um Leben zu retten und Essenrationen zu sichern.
Bereits im November 1940 kann Pilecki über einen entlassenen Mithäftling erste Informationen aus dem Lager herausschmuggeln. Im März 1941 landet sein Bericht bei der polnischen Exilregierung in London. Doch trotz der grausamen Details bleibt eine internationale Reaktion aus.
Nach zweieinhalb Jahren in Auschwitz entschließt sich Pilecki zur Flucht. Er glaubt von Warschau aus mehr bewirken zu können. Mit zwei Mitgliedern des Netzwerks gelingt ihm im April 1943 das Unfassbare: Sie lassen sich in die ein paar Kilometer entfernte Lagerbäckerei versetzen, öffnen dort in einer Nachtschicht mit einem für sie versteckten Schraubenschlüssel die Eisentür und entkommen. Sie rennen los und hören Schüsse, werden aber auf ihrem 160 Kilometer langen Weg auf der Flucht nicht erwischt.
Zurück in Warschau schreibt Pilecki drei weitere Berichte über die Zustände in Auschwitz. Detailliert beschreibt er das Morden, das Grauen, die systematische Vernichtung – doch sein dringender Appell, das Lager zu befreien, bleibt ungehört.
Nach dem Krieg setzt sich Pilecki weiter für ein freies Polen ein. Doch das neue kommunistische Regime sieht in ihm einen Feind. 1947 wird er verhaftet. Um seine Familie zu schützen, unterschreibt er ein falsches Geständnis. In einem Schauprozess wird er wegen angeblicher Spionage zum Tode verurteilt. Am 25. Mai 1948 wird Witold Pilecki hingerichtet – seine Geschichte wird jahrzehntelang verschwiegen.
Erst nach dem Ende des kommunistischen Regimes in Polen wird sein Mut öffentlich gewürdigt. Heute gilt Witold Pilecki als einer der außergewöhnlichsten Helden des 20. Jahrhunderts.
Pilecki wurde am 01. Oktober 1990 rehabilitiert und postum vom polnischen Staat mit den höchsten Orden des Landes ausgezeichnet.
Er wurde 2006 zum Ritter des Ordens des Weißen Adlers ernannt und erhielt 2009 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Warschau.
Darüber hinaus wurde ihm 1995 das Offizierskreuz des Ordens Polonia Restituta verliehen, sowie das Tapferkeitskreuz, das Silberne Verdienstkreuz der Republik Polen, das Auschwitz-Kreuz, das Kreuz des Warschauer Aufstands und der Stern der Beharrlichkeit.
In Polen sind zahlreiche Straßen nach ihm benannt und in Zabre trägt ein Park seinen Namen. Die Hochschule in Oświęcim wurde in Staatliche Rittmeister-Witold-Pilecki-Hochschule umbenannt.
Jack Fairweather: Der Freiwillige. Die wahre Geschichte des Widerstandskämpfers, der Auschwitz unterwanderte. Die erste umfassende Biografie über Witold Pilecki. München 2022.
Gaétan Nocq: Rapport W. Graphic Novel. Bielefeld 2021.
Withold Pilecki: Freiwillig nach Auschwitz. Die geheimen Aufzeichnungen des Häftlings Witold Pilecki. Zürich 2013.
Episoden aus Auschwitz 2. Witolds Bericht. Graphic Novel, 2009. Ab 14 Jahre.
Pilecki-Dauerausstellung bis zum09.2025 im Pilecki-Institut Berlin, Pariser Platz 4A, 10117 Berlin. Hier ist u.v.a. der Schraubenschlüssel ausgestellt, der Pilecki die Flucht aus der Bäckerei ermöglichte.
Adrian Hartrick, Dominika Ożyńska: The man who volunteered to be imprisoned in Auschwitz. BBC, 11-Min-Video, 2021.
4. Die unglaubliche Geschichte von Witold Pileckis Flucht aus dem KZ Auschwitz. Pilecki-Institut Berlin. YouTube 2021.
Mit dem Mut der Verzweiflung, Dokumentarfilm, Regie: Oliver Halmburger. ZDF 2015.
Die schwedische Power-Metal-Band Sabaton widmete Pilecki das Lied „Inmate 4859“ ihres Albums Heroes. YouTube.
Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gGmbH
60386 Frankfurt