Jülich Jean
Hoffnungsträger
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PORTRAIT

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Störenfriede – wir brauchen sie. Sie stören den Frieden der Obrigkeit.
Wir haben den gesunden jugendlichen Menschenverstand walten lassen. Wir haben gespürt: Bei den Nazis, da stimmt was nicht.
Jean Jülich
Wir haben den gesunden jugendlichen Menschenverstand walten lassen. Wir haben gespürt: Bei den Nazis, da stimmt was nicht.
Jean Jülich wächst bei seinen Großeltern in Köln auf. Sein Vater ist Kommunist und wird 1935 zu einer zehnjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Seine Mutter Anna Maria arbeitet in einer Schirmfabrik und kann sich nicht um das Kind kümmern. Nachdem auch die Großmutter verhaftet wird, muss Jean Jülich für mehrere Monate in ein Waisenheim und kehrt erst nach der Haftentlassung der Großmutter zur Familie zurück. 1939 tritt Jean Jülich in das „Jungvolk“ ein und später in die „Flieger-HJ“. Nach dem Besuch der Volksschule beginnt er im Frühjahr 1943 eine Ausbildung beim Reichsbahn-Ausbesserungswerk in Köln-Nippes als Maschinenschlosser. Er wird zum Westwalleinsatz einberufen, desertiert jedoch von dort. Im Spätherbst 1942 kommt Jean Jülich in Kontakt mit Edelweißpiraten. Er lernt Gitarre spielen und geht mit seinen Freunden auf Fahrt in die Kölner Umgebung. Es gibt häufiger Auseinandersetzungen mit der „Hitler-Jugend”. Über seinen Freund Ferdinand Steingass gerät er in das Umfeld der Gruppe um Hans Steinbrück in Köln-Ehrenfeld. Sie stellen Steinbrück einen Sprengapparat zur Verfügung, den sie nach einem Bombenangriff in einem Keller gefunden haben. Jean Jülich vermeidet jedoch weiteren Kontakt mit der Steinbrück-Gruppe, weil ihm das „Treiben dort” nicht gefällt. Im Zusammenhang mit der Verfolgung der Steinbrück-Gruppe wird Jean Jülich am 10. Oktober 1944 verhaftet und im Gestapogefängnis Brauweiler inhaftiert. Vor den heranrückenden alliierten Truppen im Februar 1945 in die Haftanstalt Rockenbach verlegt, wird er im März 1945 von amerikanischen Truppen befreit. Danach lebt er in Köln.
© Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Jülich macht es sich zur Lebensaufgabe, diesen Diffamierungen, dass die Edelweißpiraten „Kriminelle“ waren, entgegenzutreten. Er gibt Interviews, hält Vorträge an Schulen, nimmt an Diskussionsrunden und Veranstaltungen teil. Nach umfangreicher historischer Aufarbeitung werden die „Edelweißpiraten“ schließlich rehabilitiert und als Widerstandskämpfer anerkannt.
1982 wird Jean Jülich von Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.
Für sein Engagement „gegen das Vergessen der Ereignisse in der nationalsozialistischen Zeit“ erhielt Jülich 1991 das Bundesverdienstkreuz.
Für seine Publikationen, Vorträge und Aktionen erhielt er im Mai 2007 den Rheinlandtaler des Landschaftsverbands Rheinland.
Mit der Heine-Büste des Freundeskreises Heinrich Heine wurde er 2008 ausgezeichnet – als Würdigung seines Engagements im Sinne des kritischen Geistes.
2013 wurde ein Fußweg in der Nähe seiner Wohnung in der Kölner Südstadt nach ihm benannt.
Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Hrsg.): Widerstand von Jugendlichen. Themenkatalog 13. Berlin 2018, 2. Aufl.
Sascha Lange: Meuten, Swings und Edelweißpiraten. Jugendkultur und Opposition im Nationalsozialismus. Mainz 2015.
Simone Dittmar: „Wir wollen frei von Hitler sein“. Jugendwiderstand im Dritten Reich am Beispiel von drei Kölner Edelweißpiraten. Frankfurt am Main 2011.
Jean Jülich: Kohldampf, Knast un Kamelle – Ein Edelweißpirat erzählt aus seinem Leben. Köln 2003.
Matthias von Hellfeld: Edelweißpiraten in Köln. Jugendrebellion gegen das 3. Reich. Köln 1983.
In der Dokumentation „Die Edelweißpiraten von Ehrenfeld“ kommen unter anderem Gertrud „Mucki“ Koch und Wolfgang Schwarz zu Wort. November 2013. YouTube.
Edelweißpiraten Regie: Niko von Glasow. Deutschland 2004. Jean Jülich selbst tritt darin auf und übernimmt die Rolle des älteren Karl Ripke.
Alfried Schmitz: Jean Jülich, Edelweißpirat und Widerstandskämpfer, Deutschlandfunk-Archiv, 19.10.2021.
Burghard Laugwitz: In einem Interview mit WDR 5 erzählte Jülich über seine Zeit bei den Edelweißpiraten und die Herausforderungen während des Zweiten Weltkriegs. Redaktion: Mark vom Hofe. WDR 5 – Erlebte Geschichten, 07.11.2004.
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