Block
Hoffnungsträger
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PORTRAIT
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Ich wusste, was ich tue.
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„Ich habe nicht gewusst, was im Lager passieren würde, aber ich wusste, dass ich entweder gehenkt würde oder dass eben mein Leben zu Ende ist. Das wusste ich eigentlich immer. Wenn das rauskommt. Wir haben damit gerechnet, zu 90 Prozent. Aber mit zehn Prozent denkt man immer, man kommt drum rum.“
Irene Block
„Ich habe nicht gewusst, was im Lager passieren würde, aber ich wusste, dass ich entweder gehenkt würde oder dass eben mein Leben zu Ende ist. Das wusste ich eigentlich immer. Wenn das rauskommt. Wir haben damit gerechnet, zu 90 Prozent. Aber mit zehn Prozent denkt man immer, man kommt drum rum.“
Irene Block hat in Frankfurt am Main Jura studiert, wurde aber wegen eines jüdischen Großelternteils 1938 nicht zum Zweiten Staatsexamen zugelassen. Daraufhin hat sie sich auf Devisen- und Steuerrecht spezialisiert und nach ihrer Promotion in Frankfurt als Steuerberaterin niedergelassen. Es waren vor allem jüdische Familien und Geschäftsleute, die ausreisen wollten und deren Konten gesperrt waren, die sie um Hilfe baten. Sie bearbeitete Anträge, stellte Bescheinigungen aus und übernahm gelegentlich auch Arzt- oder Anwaltskosten. 1942 entzog ihr die NSDAP-Gauleitung die Zulassung und verbot ihr, jüdische Mandanten zu beraten. Block verlegte die Kanzlei in ihre Wohnung – und half weiter. Als Maria Fulda, die jüdische Bildhauerin, deportiert werden sollte, besorgte Block ihr ärztliche Atteste, die sie als transportunfähig auswiesen. Viermal wurde Fulda zurückgestellt, aber im September 1942 stand sie wieder auf der Liste. Irene Block entfernte den Stern von Fuldas Mantel und nahm sie mit nach Ziegenhain bei Kassel, wo sie für den Notfall ein Zimmer angemietet hatte. Der Vermieterin stellte sie Maria Fulda als ihre erkrankte Tante aus Berlin vor, die sich von einem Nervenzusammenbruch erholen müsse.
Wieder in Frankfurt vernichtete Block Fuldas Kennkarte und meldete sie als vermisst und suizidgefährdet. Dann holte sie die Künstlerin zurück und versteckte sie in ihrer Wohnung. Nur Blocks Sekretärin und ein paar Nachbarinnen wussten Bescheid. Eineinhalb Jahre lebten die beiden Frauen zusammen – mit nur einer Lebensmittelkarte. Während des großen Luftangriffs auf Frankfurt am 22. März 1944 wurde auch Blocks Haus zerstört. Sie begriff die Chance und nutzte sie: Block fuhr mit Maria Fulda nach Ziegenhain, meldete beide als ausgebombte Frankfurterinnen an und beantragte neue Papiere mit neuem Namen für Maria Fulda. Als Maria Fischer erhielt Fulda eigene Lebensmittelmarken und lebte nun offiziell unter neuer Identität bei Irene Block.
Auf die Frage, ob sie keine Angst hatte, entdeckt zu werden, antwortete Irene Block: „Zu neunzig Prozent rechneten wir damit, dass es auffliegt. Aber wir haben auf die zehn Prozent Hoffnung gebaut.“
Quellen: Petra Bonavita: Mit falschem Pass und Zyankali, S.54-57, Stuttgart 2009.
Ursula Kern: Dr. Irene Block, Frankfurter Frauenzimmer.
Am 4. März 1992 wurde Dr. Irene Block von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern geehrt.
- Beate Kosmala Claudia Schoppmann (Hrsg.): Überleben im Untergrund. Hilfe für Juden in Deutschland 1941-1945. Monica Kingreen: Verfolgung und Rettung in Frankfurt am Main und der Rhein-Main-Region, S. 179-180. (Reihe Solidarität und Hilfe, Bd. 5). Berlin 2002.
- Maximilian Preisler: Stille Helden im Dritten Reich, 27.09.2007. Der Beitrag enthält u.a. ein Gespräch, der Historikerin Barbara Schieb von der Gedenkstätte Stille Helden 1987 mit Irene Block. Archiv Deutschlandfunk Kultur.
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