Hoffnungsträger

Hermann Langbein
16. Mai 1912

24. Okt. 1995

PORTRAIT

Sucht euch nicht den leichteren Weg.

Hermann Langbein wird 1912 in Wien geboren. Sein Vater stammt aus einer jüdischen Familie, seine Mutter ist katholisch. Nach der Matura (Abitur) arbeitet er als Schauspieler am Deutschen Volkstheater. Doch das Theater rückt bald in den Hintergrund. 1933 tritt Langbein in die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) ein.
16. Mai 1912

24. Okt. 1995
Wien

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Wien

Was hat doch der Faschismus aus diesem Volk gemacht! Aus dem Arzt einen Mörder, aus dem selbstbewussten Proletarier einen Sklaven.

Was hat doch der Faschismus aus diesem Volk gemacht! Aus dem Arzt einen Mörder, aus dem selbstbewussten Proletarier einen Sklaven.

Hermann Langbein wird 1912 in Wien geboren. Sein Vater stammt aus einer jüdischen Familie, seine Mutter ist katholisch. Nach der Matura (Abitur) arbeitet er als Schauspieler am Deutschen Volkstheater. Doch das Theater rückt bald in den Hintergrund. 1933 tritt Langbein in die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) ein. Im Jahr 1938, nach dem „Anschluss“ Österreichs, geht er nach Spanien und kämpft in den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg gegen Franco. Nach dem Sieg der Faschisten flieht Langbein 1939 nach Frankreich, wo ihn die französischen Behörden in verschiedenen Lagern internieren.

Im April 1941 wird Langbein an Deutschland ausgeliefert und in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Im August 1942 folgt seine Verlegung nach Auschwitz. Dort arbeitet er zunächst in der Schreibstube, später als Häftlingsschreiber beim SS-Standortarzt Dr. Eduard Wirths – eine gefährliche, aber strategisch wichtige Position. Er gewinnt Einblick in interne Abläufe und nutzt diese Informationen im Untergrund. Dass er seine jüdische Herkunft verbergen kann, rettet ihm vermutlich das Leben. 1943 gründet er mit polnischen und österreichischen Mitgefangenen die Widerstandsgruppe „Kampfgruppe Auschwitz“. Langbein gelingt es, Wirths davon abzuhalten, kranke Häftlinge direkt in die Gaskammer zu schicken. Er überzeugt ihn, dass eine geplante Selektion von 1.800 Erkrankten eine Epidemie begünstigen würde, wenn Häftlinge ihre Krankheit verschweigen. Schließlich werden nur unheilbar Kranke ermordet – ein bitterer Kompromiss.

Langbeins Einfluss bleibt nicht unbemerkt. Zweimal wird er von der SS inhaftiert, einmal zur Hinrichtung vorgesehen. Doch er überlebt, bleibt im Widerstand aktiv und rettet Mitgefangenen das Leben. Im August 1944 wird er nach Neuengamme deportiert. Im April 1945 gelingt ihm während eines Evakuierungstransports die Flucht.

Nach der Befreiung wird das Erinnern zu Hermann Langbeins Lebensaufgabe. Er dokumentiert die Verbrechen in den Konzentrationslagern, kämpft für Gerechtigkeit und die strafrechtliche Verfolgung der Täter. 1947 ist er in Warschau ein wichtiger Zeuge im Prozess gegen Rudolf Höß, den Kommandanten von Auschwitz. Auch Maria Stromberger, Widerstandskämpferin und frühere Krankenschwester im Lager, sagt dort aus.

1954 gründet Langbein mit anderen Überlebenden das Internationale Auschwitz Komitee (IAK) und ist bis 1960 dessen erster Generalsekretär. Auch in Deutschland setzt er wichtige Impulse: In den 1960er Jahren wirkt er maßgeblich an der Vorbereitung des ersten Frankfurter Auschwitzprozesses mit. Er sammelt Zeugenaussagen – etwa von Aurelia Reichert-Wald, Lagerälteste im Krankenrevier – und bringt ehemalige Häftlinge wie die Ärztin Ella Lingens zur Aussage, die unter SS-Arzt Josef Mengele arbeiten musste. Auch Langbein sagt im Prozess aus. In den folgenden Jahren veröffentlicht er mehrere Bücher – über Auschwitz, die Prozesse und den Widerstand in den Lagern.

Quelle: Pia Wallnig: Der Nachlass Hermann Langbein. Österreichisches Staatsarchiv-Online, 03.01.2023.

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