Moltke
Hoffnungsträger
–
Steckbrief

- zum Standort navigieren
Es lohnt sich immer, etwas zu tun, was man nicht für sich tut. Das ist auf dieser Erde fast für jeden zu finden.
… ich habe mein ganzes Leben lang, schon in der Schule, gegen einen Geist der Enge und der Gewalt, der Überheblichkeit und der mangelnden Ehrfurcht vor Anderen, der Intoleranz und des Absoluten, erbarmungslos Konsequenten angekämpft, der in den Deutschen steckt und der seinen Ausdruck in dem nationalsozialistischen Staat gefunden hat.
Helmuth James Graf von Moltke: Abschiedsbrief an die Söhne Caspar und Konrad, 11. Oktober 1944
… ich habe mein ganzes Leben lang, schon in der Schule, gegen einen Geist der Enge und der Gewalt, der Überheblichkeit und der mangelnden Ehrfurcht vor Anderen, der Intoleranz und des Absoluten, erbarmungslos Konsequenten angekämpft, der in den Deutschen steckt und der seinen Ausdruck in dem nationalsozialistischen Staat gefunden hat.
Helmuth James Graf von Moltke studiert seit 1925 in Berlin Rechts- und Staatswissenschaften. Engagiert leitet er in Schlesien ein freiwilliges Arbeitslager für Studenten, Bauern und Industriearbeiter. Moltke, der den demokratischen Kräften seiner Zeit nahesteht, verfolgt Hitlers Aufstieg mit offener Kritik. Daher verzichtet er 1933 auf ein Richteramt und lässt sich 1935 als Anwalt in Berlin nieder. Zwischen 1935 und 1938 absolviert er zudem eine Ausbildung als britischer Rechtsanwalt (Barrister) und plant die Übernahme eines Anwaltsbüros in London, die durch den Kriegsbeginn im September 1939 verhindert wird. Im selben Monat wird Moltke als Kriegsverwaltungsrat in das Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht in Berlin verpflichtet. Als Sachverständiger für Kriegs- und Völkerrecht versucht er, sich gegen Unrecht und Willkür einzusetzen. Besonders engagiert er sich für die humane Behandlung von Kriegsgefangenen und die Einhaltung des Völkerrechts. Bereits 1939 verfasst Moltke erste Denkschriften zur politischen Neuorientierung Deutschlands.
Anfang 1940 stößt Peter Graf Yorck von Wartenburg zu einer Gruppe von Regimegegnern um Moltke. Moltke und Yorck werden zu den führenden Köpfen des daraus entstehenden Kreisauer Kreises und nehmen an den meisten der Beratungen in Berlin und in Kreisau teil. Moltke versucht, durch systematische Ausweitung seine Kontakte zu protestantischen und katholischen Kirchenführern und zu den Führern der politischen sozialdemokratischen Opposition zu erweitern. Nachdem Moltke Mitglieder des Solf-Kreises vor einer Gestapo-Überwachung warnt und dies entdeckt wird, wird er am 19. Januar 1944 verhaftet. Seine Beteiligung an den Staatsstreichplänen wird erst nach dem gescheiterten Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 bekannt. Am 11. Januar 1945 verurteilt der Volksgerichtshof ihn zum Tode. Helmuth James Graf von Moltke wird am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee ermordet.
© Gedenkstätte Deutscher Widerstand
1964 widmete die Deutsche Bundespost James von Moltke eine Briefmarke zum 20. Jahrestag des Juli 1944. Eine weitere Briefmarke aus der Serie Aufrechte Demokraten zum 100. Geburtstag von Moltke und Claus Schenk Graf von Stauffenberg 2007.
1990 benannte die Stadt Görlitz die ehemalige Thälmannstraße in James-von-Moltke-Straße um.
Die Buchveröffentlichung: Briefe an Freya 1939–1945 wurde 1989 mit dem Geschwister-Scholl-Preis
Im Jahr 2001 stiftete die Deutsche Gesellschaft für Wehrrecht und Humanitäres Völkerrecht e. V. den Helmuth-James-von-Moltke-Preis für herausragende rechtliche Beiträge auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik.
2024 wurde an der Christuskirche (Hamburg-Wandsbek) ihm zu Ehren eine Stele eingeweiht.
Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Hrsg.): Themenkatalog 12. Der Kreisauer Kreis. Berlin 2018, 2. Aufl.
Olaf Jessen: Die Moltkes. Biographie einer Familie. C. H. Beck, München 2010.
Elke Endrass: Gemeinsam gegen Hitler. Pater Alfred Delp und Helmuth James Graf von Moltke. Stuttgart 2007.
Beate Ruhm von Oppen (Hrsg.): Helmuth James von Moltke: Briefe an Freya 1939-1945. 2. Auflage, München 1991.
Beate Ruhm von Oppen (Hrsg.): Helmuth J. Graf von Moltke: Briefe an Freya 1939-1945. München 1988.
Freya von Moltke, Michael Balfour, Julian Frisby: Helmut James von Moltke 1907-1945. Anwalt der Zukunft. Stuttgart 1975.
Das Moltke-Projekt – Wenn die Welt in Stücke fällt. In: Szenische Lesung auf Grundlage der „Abschiedsbriefe Gefängnis Tegel“ von Helmuth James und Freya von Moltke. Regie: Michael Becker. Buchbar unter: 0170/ 2158453.
…weil wir zusammen gedacht haben. Dokumentarfilm über Helmuth James von Moltke und den Kreisauer Kreis. Wie gemeinsames Nachdenken über ein anderes, besseres Deutschland im Nationalsozialismus zur Grundlage für Widerstand wurde. Regie: Hellmut Sitó, Hellmut Schlingensiepen und Christian Bimm Coers. Deutschland 2007.
In seinen Briefen, die Helmuth James von Moltke zwischen Januar und Oktober 1944 aus der Gestapo-Haft an seine beiden Söhne Helmuth Caspar und Konrad richtete, schildert er sein bewegtes Leben auf dem Gut Kreisau, die Wirren des Ersten Weltkrieges und die Zeit danach. Der Sohn, Helmuth Caspar von Moltke, vertonte diese bewegenden Zeitdokumente.
Die Audio-CD ist allen Interessierten kostenlos zugänglich. Bei Interesse wenden Sie sich an die „Freya von Moltke-Stiftung“ für das neue Kreisau.
Auszug aus dem Brief von Freya an Helmuth James.
Berlin, 29. September 1944
Mein Jäm, mein Herz, mein Liebster, wie schön, dass ich Dir noch einmal richtig schreiben kann. Wie beglückend, dass wir uns sahen. Ich bin ganz glücklich darüber. Mein Herz, ich glaube zu wissen, wie es in Dir aussieht. Ich gehöre zu Dir, und so bleibt es für immer. (…)
Du hast noch ein schweres Stück zu gehen. Da Du nie gern gelebt hast, musst Du die Aussicht auf Dein Lebensende nicht unangenehm finden. Du hast mir immer gesagt, dass diese Form die beste Todesart sei. Ich hoffe, es ist so und Du hast keine Furcht. Ich weiß Dich fest in Gottes Hand. Und wir haben gute Vorgänger: Mami, Carl Bernd, Granny, Daddy. Das wird Dir auch lieb sein. (…)
Dein Leben erscheint mir schön und vollendet. Du stirbst für etwas, für das es sich zu sterben lohnt. Dass Du ein „großer“ Mann hättest werden können, ist uninteressant. Dass die Bombe im Januar nicht vor Deinem Fenster explodiert ist, war wichtig. Ich glaube an den Sinn, wenn Du jetzt sterben musst. Mein Jäm, fühlst Du auch, wie einig wir sind? Ich bin dabei kein geistiger Mensch, sondern wachse wie eine Pflanze auf dieser Welt. (…)
Um unser Leben, das der Söhnchen und meines, machst Du Dir ja keine Sorgen. Ich fürchte mich auch nicht. Das werden wir schon fertig bringen, mit und ohne Kreisau, mit und ohne Geld. Die Söhnchen werden schon richtig werden. Ich werde C.chen sagen, Du seiest an Krankheit gestorben; später mehr. Solange es geht, werde ich an Kreisau oder Berghaus kleben. (…)
Mein Jäm, Du musst in der Gewissheit sterben, dass ich außer Gott nur Dir gehöre. Die 15 Jahre, das war unser Leben. Was jetzt kommt, wird ein Leben für die Söhnchen, für andere Menschen, für Dinge, ich weiß noch nicht für was, aber unser Leben, mein Herzensjäm, das ist nun zu Ende. Du hast mir immer gesagt, dass Du früh sterben würdest. Sieben Jahre länger hast Du mir versprochen, aber was tut schon Quantität. Es kommt auf die Qualität an. Wie gut, dass ich jede Minute mit Dir bewusst als Geschenk empfunden habe. Wir haben das höchste Glück genossen, was es auf dieser Welt gibt.
Wie gut, dass Du Dich zu mir entschlossen hast, wie gut, dass ich Dir für mich die Söhnchen entrissen habe. Ich werde alt und anders werden, aber in mir wirst Du immer bleiben, bis ich sterben und Dich wiederfinden darf.
Mein Lieber, wie schön war es, Dich gestern richtig gesehen zu haben. Ich sah gleich, wie es in Dir aussieht, schon als Du mich noch nicht entdeckt hattest. Du sahst das Gleiche, und als wir uns ansahen, wussten wir beide.
So, mein Jäm, jetzt fahre ich zu C.D. zum Schlafen. Ich habe diesen Brief in Frieden, mit Glück, Dankbarkeit und Tränen geschrieben. Die Tränen gehören zu mir. Oft habe ich sie bei Dir rollen lassen. Du weißt ja, wie das bei mir geht!
Ich bin genauso dankbar wie Du. Dein P.
Helmuth J. Graf von Moltke: Briefe an Freya 1939-1945. S. 37-39.
Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gmbH
60386 Frankfurt
Kontaktieren
sie uns
069 00000000