Moltke Freya
Hoffnungsträger
–
Steckbrief

- zum Standort navigieren
Es lohnt sich immer, etwas zu tun, was man nicht für sich tut. Das ist auf dieser Erde fast für jeden zu finden.
Ich jammere auch nicht, denn unser Leben müssen wir bereit sein einzusetzen. Ich billige alles, was Du tatest, aus Herzensgrund.
Freya von Moltke in einem Brief an Helmuth James von Moltke, 6. Januar 1945.
Ich jammere auch nicht, denn unser Leben müssen wir bereit sein einzusetzen. Ich billige alles, was Du tatest, aus Herzensgrund.
Freya Deichmann wächst als jüngstes Kind des Bankiers Carl Theodor Deichmann und seiner Frau Ada mit zwei Brüdern in Köln auf. 1930 legt Freya Deichmann ihr Abitur ab, studiert Rechtswissenschaft und wird 1935 in Berlin promoviert. Sie lernt 1929 Helmuth James Graf von Moltke kennen, zwei Jahre später heiraten sie. Aus der Ehe gehen zwei Kinder hervor.
Freya von Moltke unterstützt das von ihrem Mann 1940 mitgegründete Widerstandsnetzwerk, den sogenannten Kreisauer Kreis, das sich aus oppositionell gesinnten Frauen und Männern unterschiedlicher sozialer Schichten und Grundüberzeugungen zusammensetzt. Sie nimmt an geheimen Zusammenkünften teil, auf denen über Neuordnungspläne für ein demokratisches Deutschland nach dem Ende des Nationalsozialismus diskutiert wird. Im Januar 1944 wird Helmuth von Moltke festgenommen. Freya von Moltke bemüht sich erfolglos um seine Freilassung. Am 11. Januar 1945 wird er vom „Volksgerichtshof“ zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee ermordet. Freya von Moltkes Einsatz innerhalb der Widerstandsgruppe bleibt der Gestapo verborgen. Sie engagiert sich nach 1945 für die deutschpolnische Aussöhnung.
© Gedenkstätte Deutscher Widerstand
1989: Geschwister-Scholl-Preis.
1999: Internationaler Brücke-Preis.
2009: Adam-Mickiewicz-Preis.
Zu ihrem 100. Geburtstag wurde in der ein ökumenischer Gedenkgottesdienst gefeiert, an dem der damalige Bundespräsident Christian Wulff Margot Käßmann, Kuratoriumsmitglied der „Freya-von-Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau“, predigte.
An ihrem 101. Geburtstag wurde auf Initiative der „Freya-von-Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau“, der Stadt Köln und evangelischer und katholischer Stellen vor Freya von Moltkes Geburtshaus in Anwesenheit ihres Sohnes eine Glas-Stele
2018 wurde in Köln-Deutz die Freya-von-Moltke-Straße nach ihr benannt.
Am 11. September 2024 wurde Freya von Moltke im Rahmen des Projekts Frauenorte in die Liste der FrauenOrte NRW aufgenommen und eine Gedenktafel im Gebäude Georgplatz 16 angebracht.
Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Hrsg.): Themenkatalog 12. Der Kreisauer Kreis. Berlin 2018, 2. Aufl.
Helmuth James und Freya von Moltke: Abschiedsbriefe Gefängnis Tegel. September 1944–Januar 1945. 3. Auflage. München 2011.
Frauke Geyken: Freya von Moltke. Ein Jahrhundertleben 1911–2010. München 2011.
Sylke Tempel: Freya von Moltke. Ein Leben. Ein Jahrhundert. Reinbek 2010.
Freya von Moltke: Erinnerungen an Kreisau 1930–1945. 2. Auflage. München 2006.
Dorothee von Meding: Mit dem Mut des Herzens. Die Frauen des 20. Juli.Berlin 1992.
Beate Ruhm von Oppen (Hrsg.): Helmuth James von Moltke: Briefe an Freya 1939-1945. 2. Auflage, München 1991.
Dokumentarfilm: Geschichte einer Liebe – Freya. Regie: Antje Starost, Hans Helmut Grotjahn. Deutschland 2016.
Dokumentarfilm: Hellmut Schlingensiepen im Gespräch mit Freya von Moltke (1911–2010), Regie: Hellmut Sitó Schlingensiepen, Christian Bimm Coers. Deutschland 2010.
Das Moltke-Projekt – Wenn die Welt in Stücke fällt. In: Szenische Lesung auf Grundlage der „Abschiedsbriefe Gefängnis Tegel“ von Helmuth James und Freya von Moltke (Flyer). Regie: Michael Becker. Buchbar unter: 0170/ 2158453.
Auszug aus einem Brief von Helmuth an Freya
Tegel, den 10. Oktober 1944
Mein Lieber*, gestern kamen die Esssachen von Dir an und waren riesig willkommen, denn ich hatte gerade am Morgen den letzten Speck aufgegessen und mein Zucker war auch fast zu Ende. Dazu war es sehr kalt und daher das Bedürfnis zu essen sehr groß. So habe ich denn gleich ein, nein 2 Honigbrote und viele Plätzchen gegessen. Der Anblick richtiger Butter, die ich ja seit dem 17.8. nicht mehr bekommen habe, hat etwas peinlich Beglückendes. Sind die Pfirsiche von dem kleinen Spalierbäumchen? Der Apfel war übrigens besonders gut. Wenn Du mir noch einmal Zucker schickst, dann am besten Würfel; denn ich esse den Zucker so und verderbe ihn mir nicht durch schlechten Kaffee. Ob Du wohl heute wieder da bist und den Anzug tauschst?
Mein Lieber, ich ursche mit den Lebensmitteln, denn erstens ist es kalt, zweitens ist Essen so eine angenehme Abwechslung am Tage und drittens rechne ich am Morgen damit, nach 36 Stunden, und am Abend, nach 24 Stunden tot zu sein. Diese kurzfristigen Prolongationen des Lebens ersticken alle normalen Sparsamkeitstriebe. Es muss ja nun auch kommen; ich bin aber garnicht nervös darüber, ob es kommt. (…)
Mein Herz, so sehr ich es mir verbiete, so befasst sich mein Kopf doch immer mit Deinem künftigen Leben. Die Zeit jetzt wird für Dich nicht so schlimm sein, die Zeit unmittelbar nach meinem Tode wird auch gehen, aber nach einiger Zeit kommt der Alltag, und das wird der schlimmste Augenblick sein. Du musst aber diesen Tiefpunkt durchwandern und den Schmerz ertragen. Versuche nicht, durch übermäßige Geschäftigkeit darüber hinweg zu huschen; Du erntest sonst nicht die Frucht Deiner Tränen, und Du engst das Plätzchen in Dir ein, in dem ich weiter wohnen bleiben will. Der Schmerz weitet dieses Plätzchen.
Mein Herz, ich habe mich etwas gescheut, Dir das zu schreiben, weil es so nach Besitzerwillen über das Grab hinaus aussieht und weil es in etwa ein grausamer Rat ist, für mich billig, für Dich schwer. Aber schließlich dachte ich, habe ich Dir so viele unangenehme Ratschläge in meinem Leben gegeben, dass ich es an diesem nicht fehlen lassen kann. (…)
Mein Herz, zu sagen habe ich nichts. Alles ist gut so, wie es ist. Ich vertraue ganz fest und sicher auf den Herrn, dass er mich und Dich und uns auch weiter so leiten wird, wie es für uns gut ist. Ich bitte ihn, dass er mich möge aus dieser Not auch in dieser Zeitlichkeit retten, fühle mich aber ganz sicher, dass mir nichts und niemand etwas anhaben kann und dass auch Dein Schmerz, wenn Du ihn ertragen musst, seinen Sinn und seine Frucht erweisen wird.
Leb wohl, mein sehr geliebtes Herz, bleib mir mit Deinen Söhnchen geborgen in Seiner Hut.
J.
* Die männliche Anrede bezieht sich auf Freyas Kosenamen Pim, der männlich gebraucht wird.
Helmuth J. Graf von Moltke: Briefe an Freya 1939-1945. S. 58.
Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gmbH
60386 Frankfurt
Kontaktieren
sie uns
069 00000000