Seduls Robert
Hoffnungsträger
–
PORTRAIT

- zum Standort navigieren
Er wollte nur einem Freund helfen, dann waren es viele.
–
·
Der Hausmeister Robert Seduls wohnt mit seiner Frau Johanna und den zwei Töchtern Indra und Irīda in Libau (Liepāja). Im Juli 1941 besetzen deutsche Truppen die Stadt. Angesichts der Massenerschießungen von Jüdinnen und Juden in Libau verspricht Seduls seinem jüdischen Freund David Zivcon, im Notfall zu helfen.
Als im Oktober 1943 Deportationen beginnen, flieht David Zivcon mit seiner Frau Henny und einem anderen Paar aus dem Libauer Ghetto. Seduls nimmt die Geflüchteten auf und versteckt sie im Keller des Mietshauses, in dem er wohnt. In den folgenden Monaten nimmt er weitere Verfolgte auf. Die insgesamt elf Jüdinnen und Juden leben auf engstem Raum, ohne Tageslicht und fließendes Wasser. Für die Familie Seduls ist es schwierig und gefährlich, die Untergetauchten mit Lebensmitteln zu versorgen. Ständig droht Entdeckung.
Robert Seduls wird im März 1945 durch einen Granatsplitter getötet. Seine Frau Johanna kümmert sich bis zur Befreiung um die Untergetauchten.
© Gedenkstätte Stille Helden
1981 werden Johanna Sedule und Robert Seduls als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.
Das Linkimer-Tagebuch:
Wie elf Juden den Holocaust im Keller von Robert und Johanna Seduls überlebten.
Tagebucheintrag von Kalma Linkimer: Erster Tag im Versteck:
Schaufeln und Äxte liegen bereit, falls die Höhle während eines Bombardements verschüttet wird. Auch eine Vorratskammer mit Essen für einen längeren Zeitraum gibt es, falls ein Notfall Seduls daran hindern könnte, uns zu versorgen. Außerdem gibt es einen Wasserspeicher, Elektrizität, ein selbstgemachtes Radio und ein paar improvisierte Betten für die Frauen. Für die sechs Männer ist auf dem Fußboden Platz zum Schlafen. Eine kleine Toilette für die Frauen ist in einem unterirdischen Gang installiert worden. Die Männer verrichten ihre Notdurft auf eine Schaufel und werfen sie in den Ofen. An den Stuhlbeinen sind Gummis befestigt, damit sie kein Geräusch machen. Wir müssen uns flüsternd unterhalten, denn oben ist eine Bäckerei, und wir müssen uns sehr vorsehen, nicht gehört zu werden. Kurz, wenn kein Missgeschick passiert, können wir hoffen, lebendig hier herauszukommen. Es ist auch ein Kabel zwischen Seduls Zimmer und einer Signallampe im Keller verlegt worden: ein langes Signal bedeutet: „Stellt den Motor an“, ein zweites langes Signal – „stellt ihn aus“. Zwei kurze bedeuten, dass Seduls nach oben gerufen wird. Drei kurze – alle müssen aus dem Vorderzimmer verschwinden, weil jemand in den Keller kommt. Fünf bedeutet, dass Seduls herunterkommt. Und viele Signale nacheinander bedeuten – Alarm. Dann muss jeder seine Pistole herausholen und in Bereitschaft stehen. An den Wänden hängen mehrere Landkarten, auf denen jeden Tag der Verlauf der [Ost-]Front eingezeichnet wird. All dies sah ich an meinem ersten Tag im Keller.
Quelle: Yad Vashem
Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gGmbH
60386 Frankfurt