Hoffnungsträger

Swing Jugend

Bodenrelief

Wer den Swing in sich hat, kann nicht mehr im Gleichschritt marschieren.

Frankfurt, Anfang der 1940er Jahre. In einem Hinterzimmer am Goetheplatz knistert eine Schallplatte, dann füllt tanzbarer Jazz den Raum. Jugendliche beginnen zu tanzen – ausgelassen, frei, ungehorsam. Draußen tobt der Krieg, drinnen lebt ein anderer Rhythmus. Doch was wie harmlose Musik klingt, ist in Wahrheit eine Form des Widerstands.

Personen:
Günter Discher
Wolfgang Lauinger
Emil Mangelsdorff

Der Anblick der etwa 300 tanzenden Personen war verheerend. In Hysterie geratene Neger bei Kriegstänzen sind mit dem zu vergleichen, was sich dort abspielte.

Der Anblick der etwa 300 tanzenden Personen war verheerend. In Hysterie geratene Neger bei Kriegstänzen sind mit dem zu vergleichen, was sich dort abspielte.

Frankfurt, Anfang der 1940er Jahre. In einem Hinterzimmer am Goetheplatz knistert eine Schallplatte, dann füllt tanzbarer Jazz den Raum. Jugendliche beginnen zu tanzen – ausgelassen, frei, ungehorsam. Draußen tobt der Krieg, drinnen lebt ein anderer Rhythmus. Doch was wie harmlose Musik klingt, ist in Wahrheit eine Form des Widerstands.

Die Nationalsozialisten verfolgten den Swing mit aller Härte. Seine afroamerikanischen Wurzeln, sein offener Stil, seine Assoziation mit „undeutscher“ Kultur passten nicht ins Weltbild des Regimes. Doch trotz Verboten, Repressionen und Einschüchterung entstand in Städten wie Frankfurt, Hamburg und Berlin eine jugendliche Subkultur: die Swing-Jugend.

In Frankfurt traf man sich im „Harlem-Club“, der „O.K. Gang“ oder beim „Club der Kameruner“. Die Jugendlichen waren keine politische Bewegung im engeren Sinne – doch ihr Lebensstil war eine stille Provokation. Sie trugen weite Anzüge, lange Haare, Hüte, Regenschirme. Die Mädchen kleideten sich selbstbewusst: kurze Röcke, weite Hosen, offene Gestik. Sie tanzten Swing – und damit gegen das starre Ideal von Disziplin, Volksgemeinschaft und Gleichschritt.

Subkultur unter Beobachtung

Die Reaktionen des Regimes waren brutal. Jugendliche wie Emil Mangelsdorff, Wolfgang Lauinger oder Günter Discher wurden verhaftet, inhaftiert oder in sogenannte „Jugendschutzlager“ gesteckt. Ihnen wurde „sittliches Fehlverhalten“ oder „wehrkraftzersetzendes Verhalten“ vorgeworfen – allein, weil sie tanzten, Musik hörten oder sich unabhängig verhielten.

Ein Streifendienst der Hitlerjugend, der sich in eine Tanzveranstaltung einschlich, schrieb:

„Der Anblick der etwa 300 tanzenden Personen war verheerend. In Hysterie geratene Neger bei Kriegstänzen sind mit dem zu vergleichen, was sich dort abspielte.“

Diese abfällige Sprache zeigt, wie sehr das Regime eine kulturelle Jugendbewegung als Bedrohung empfand. Und wie stark es versuchte, Kontrolle durch Zwang durchzusetzen.

Swing als Widerstand

Die Swing-Jugend war keine einheitliche Bewegung – doch sie verband ein Lebensgefühl: Freiheit, Individualität, Unabhängigkeit. In einer Zeit, in der Anpassung gefordert war, war das bereits ein mutiger Akt.

Viele Jugendliche bezahlten dafür mit ihrer Freiheit. Einige mit ihrem Leben. Doch der Swing überlebte. Nach dem Krieg kehrte die Musik zurück – und mit ihr die Erinnerung an jene, die ihr trotz aller Gefahr treu geblieben waren.

Bis heute steht die Swing-Jugend für die Kraft der Kultur im Widerstand – für den Mut, anders zu sein, und für die Überzeugung, dass Musik mehr sein kann als Unterhaltung: Sie kann Haltung sein.

Ardi Goldman Kunst-
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