Der Kunstparcours

Aylin Langreuter

Wild things, 2025

Korbmarkisen | Dimensions variable

Eigentlich sind alle skulpturalen Objekte die ich mache, in Anlehnung an dieses Baudrillard Zitat entstanden: „Mir war beinahe, als verfüge das Objekt über Leidenschaft, es schien zumindest ein Eigenleben zu haben und der Passivität seines Gebrauchs entkommen zu können, um eine Art Autonomie zu erlangen, und vielleicht sogar die Fähigkeit, sich an einem Subjekt zu rächen, das sich seiner Herrschaft über es allzu sicher ist.” (Jean Baudrillard)

Aylin Langreuter lebt und arbeitet in Neukirchen, DE.
*1976 in München, DE

EDUCATION

Diplom Akademie der Bildenden Künste München

GRANTS, AWARDS, RECOGNITION

2018 Professur für Industrial Design an der Akademie der bildenden Künste Stuttgart

Ein Blick hinter das Werk

Mit ihrer Arbeit Wild Things verwandelt die Konzept- und Appropriationskünstlerin Aylin Langreuter ein vertrautes, fast unsichtbares Objekt des urbanen Alltags in ein rebellisches Wesen. Schlichte Korbmarkisen, sonst Sinnbild bürgerlicher Ordnung und funktionaler Bequemlichkeit, entziehen sich hier ihrer dienenden Rolle als Schattenspender und werden zu Akteuren eines leisen Aufstands.

Die Installation scheint wie von einer inneren Energie erfasst: Die Markisen wölben, verdrehen, verheddern sich, als hätten sie beschlossen, sich von der Architektur, die sie einst schmückten und beschatteten, zu lösen. Sie kriechen über die Fassade, hängen in den Raum, überfallen das Gebäude und verwandeln sich in einen Organismus, der sein Umfeld befallen hat. Die statische Architektur wird zur Bühne einer anarchischen Bewegung.

Langreuter greift damit die Beobachtung des französischen Philosophen Jean Baudrillard auf, der schrieb:

„Mir war beinahe, als verfüge das Objekt über Leidenschaft, es schien zumindest ein Eigenleben zu haben und der Passivität seines Gebrauchs entkommen zu können.“ (Jean Baudrillard, Passwörter)

Dieses „Eigenleben der Dinge“ ist der Schlüssel zu Wild Things. Indem Langreuter den Markisen Autonomie zuschreibt, entzieht sie sie dem Diktat des Nützlichen und zeigt, wie sich selbst die banalsten Gebrauchsobjekte der Kontrolle des Menschen verweigern können. Das Werk stellt die Frage nach dem Verhältnis von Funktion und Freiheit, von Gestalt und Verhalten: Wann kippt das Objekt in Subjektivität? Wann wird das Nützliche zum Unheimlichen?

Im Zusammenspiel von Ironie, Witz und Irritation oder gar subtiler Bedrohung wird Wild Things zum Sinnbild einer Welt, in der sich die Ordnung der Dinge aufzulösen scheint. Was gewöhnlich, ordentlich und architektonisch gefasst war, entwickelt eine anarchische Schönheit, das Absurde erscheint als mögliches Gegenmodell zur zunehmenden Rationalisierung und Überkontrolle der Gegenwart.

Langreuters Arbeit zelebriert genau dieses Unnütze, Unberechenbare, Überflüssige und fragt, ob es nicht gerade darin liegt, dass Kunst ihre stärkste Wirkung entfaltet. Wild Things ist ein Manifest für das Imaginäre als Überlebensstrategie, ein augenzwinkerndes Plädoyer dafür, den Dingen wieder ihr Geheimnis zu lassen.

Aylin Langreuter bekleidet gemeinsam mit Christophe de la Fontaine eine Professur für Industriedesign in Stuttgart und betreibt das Studio Dante Goods and Bad, ein Labor zwischen Kunst, Design und Philosophie.

Über die Künstler:in

Die Künstlerin Aylin Charlott Langreuter (*1976 in München) studierte an der Akademie der Bildenden Künste München in der Klasse von Professor Gerd Winner und schloss ihr Studium 2001 als Meisterschülerin ab. 2005 begann sie ein Philosophiestudium an der Universität Wien, das ihre Kunst in den folgenden Jahren beeinflusste. Nach einem Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds, Bonn, wurde ihr Buch „function follows fairytale“ im Blumenbar Verlag in Berlin veröffentlicht. Weitere Bücher und Ausstellungskataloge über ihre Arbeit wurden unter anderem vom Harpune Verlag in Wien und den in Berlin ansässigen Verlagen Jovis und Blumenbar herausgegeben. 2012 gründete Aylin Charlott Langreuter zusammen mit dem Industriedesigner Christophe de la Fontaine die Dante – Goods and Bads GmbH. Seit 2018 ist sie Professorin für Industriedesign an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart.

Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gGmbH

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