Hoffnungsträger

Julius Madritsch
4. August 1906

11. Juni 1984

PORTRAIT

Kinder in Säcken aus dem Krakauer Ghetto geschmuggelt.

Julius Madritsch, ein gebürtiger Wiener und gelernter Textilkaufmann, kam 1940 – kurz nach der Besetzung Polens – nach Krakau. Er wurde dort als Treuhänder der deutschen Behörden eingesetzt und verwaltete zwei Textilfabriken in der Nähe des Krakauer Ghettos, die die Deutschen von ihren ursprünglichen Besitzern konfisziert hatten.
4. August 1906

11. Juni 1984
Wien

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Wien

Julius Madritsch, ein gebürtiger Wiener und gelernter Textilkaufmann, kam 1940 – kurz nach der Besetzung Polens – nach Krakau. Er wurde dort als Treuhänder der deutschen Behörden eingesetzt und verwaltete zwei Textilfabriken in der Nähe des Krakauer Ghettos, die die Deutschen von ihren ursprünglichen Besitzern konfisziert hatten.

In seinen Betrieben beschäftigte Madritsch während des Krieges rund 2000 jüdische Zwangsarbeiter. Gemeinsam mit seinem Fabrikleiter Raimund Titsch setzte er alles daran, so viele Menschen wie möglich zu retten – auch solche, die keine Fachkräfte waren. In Zusammenarbeit mit dem Judenrat im Krakauer Ghetto stellte er gezielt Personen ein, denen andernfalls die Deportation drohte.

Madritsch und Titsch setzten sich zudem für menschenwürdigere Arbeitsbedingungen ein: Zwar war die Arbeit schwer, die Schichten lang und die Produktionsvorgaben hoch – doch wer die Vorgaben übererfüllte, erhielt zusätzliche Brotrationen. Um den jüdischen Arbeitern auch unter den widrigsten Umständen ein Mindestmaß an Würde zu bewahren, ließen sie sogar eine koschere Küche einrichten.

Gemeinsam mit Oswald Bouska, einem Polizisten, der für die Bewachung des Krakauer Ghettos zuständig war, verhalf Julius Madritsch wiederholt Juden zur Flucht und schmuggelte heimlich Lebensmittel in das Ghetto.
Als Madritsch 1942 erfuhr, dass Kinder aus dem Krakauer Ghetto nach Auschwitz deportiert werden sollten, schmuggelte er sie gemeinsam mit Bouska in Säcken versteckt an den deutschen Wachposten vorbei in seine Fabriken. Von dort aus wurden sie entweder ins rettende Ausland gebracht oder bei polnischen Familien versteckt. Auf dieselbe Weise konnten auch Hunderte jüdische Familien gerettet werden, die sich bei der Liquidierung des Ghettos im März 1943 in Kellern und Bunkern auf dem Ghettogelände versteckt hatten.

Im Zuge der Liquidierung des Ghettos wurden die jüdischen Zwangsarbeiter aus Madritschs Betrieben in das Konzentrationslager Plaszow deportiert. Auf Madritschs Antrag hin durften sie zunächst weiterhin täglich zu Fuß zu den Fabriken zurückkehren. Als jedoch im September 1943 das Verlassen des Lagers untersagt wurde, verlegte Madritsch seine Produktion direkt auf das Lagergelände. Unter dem Vorwand, zusätzliche Nahrungsmittel als „Leistungsprämien“ zu verteilen, brachte er regelmäßig größere Mengen Lebensmittel in das Lager – und versorgte damit auch Häftlinge, die nicht in seinen Betrieben arbeiteten

Als Plaszow im September 1944 liquidiert wurde, beantragten Madritsch und Titsch die Erlaubnis, die Fabrik in ein Gebiet unter deutscher Kontrolle zu verlegen – doch dies wurde abgelehnt. Madritsch, der mit Oskar Schindler in Kontakt stand, konnte mindestens 60 seiner Arbeiter in Schindlers Munitionsfabrik in Brünnlitz unterbringen.

Quellen: Yad Vashem; Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Biografie: Julius Madritsch, online.

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