Elsner Alois
Hoffnungsträger
PORTRAIT
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Verlange von Gott den größten Segen für Sie und Ihre Familie.
Alois Elsner
1897 – 1971
Maria Elsner
1906 – 1988
Alois Elsner lebt mit seiner Frau Maria in Landsberg am Lech. Er arbeitet dort als Schornsteinfeger und ist seit 1927 Mitglied der Bayerischen Volkspartei. Bis zu deren Verbot engagiert er sich politisch.1935 wird ihm von den Nationalsozialisten das zuvor gekaufte Kaminkehrer-Recht für Landsberg entschädigungslos entzogen. Im Zuge der Neueinteilung der Kehrbezirke, wird ihm ein entfernter Bezirk zugewiesen – eine Schikane, die ihn politisch isolieren soll. 1941 tritt Elsner unter Druck in die NSDAP ein, verweigert jedoch jede aktive Beteiligung. Zwei Jahre später wird er aus der Partei ausgeschlossen – wegen „Desinteresse“ und „disziplinlosem Verhalten“.
1944 entstehen bei Kaufering und Hurlach elf Außenlager des KZ Dachau. Rund 23.000 meist jüdische Zwangsarbeiter müssen dort unter unmenschlichen Bedingungen halbunterirdische Bunker für das Rüstungsprojekt „Ringeltaube“ bauen. Etwa 6.500 Menschen sterben bereits während der Bauphase.
Ein Teil der Lager liegt in Elsners neuem Kehrbezirk. Als Kaminfeger kommt er regelmäßig in die Baracken, um die Schornsteine zu reinigen – und wird dabei Zeuge des täglichen Grauens. Er nimmt Kontakt zu Inhaftierten und Ärzten in den Krankenbaracken auf. Schon bald beginnt er, unter seiner Arbeitskleidung Lebensmittel, Medikamente und warme Kleidung ins Lager zu schmuggeln – unterstützt von seiner Frau Maria, die vieles davon besorgt.
Elsner warnt die Häftlinge vor drohenden Übergriffen, ermutigt sie zur Flucht und bietet ihnen Verstecke an. Er hört ausländische Radiosender und informiert die Gefangenen über den Vormarsch der Alliierten – ein Hoffnungsschimmer inmitten der Gewalt.
Nach der Befreiung nennen Überlebende ihn einen aufrichtigen Freund. Für viele steht fest: Er hat geholfen, wo andere wegsahen – und dabei sein Leben riskiert. Alois und Maria Elsner erhalten zahlreiche Dankesbriefe von jenen, denen sie beigestanden haben.
Quellen: Yad Vashem
Franz Xaver Rößle: Der Mut des Alois Elsner. Geschichtsblätter des historischen Vereins Landsberg, 1998.
Erinnern – Forschen – Dokumentieren. Der KZ-Lagerkomplex Kaufering – Der Holocaust im Raum Landsberg. Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung e.V., Januar 2008.
- Für ihren Mut und ihre Menschlichkeit wurden Alois und Maria Elsner am 6. Oktober 2015 von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern geehrt.
- Im April 2018 wurde in Landsberg eine Stele zu Ehren von Alois und Maria Elsner eingeweiht.
Der Zwangsarbeiter Stefan Fonyo übergab Alois Elsner heimlich eine Liste mit dringend benötigten Dingen:
„Sehr geehrter Herr Elsner! Bitte empfangen Sie meinen innigsten Dank für Ihre bisher erwiesene Liebenswürdigkeit. Dies gibt mir Mut, dass ich mich mit der folgenden Bitte an Sie wende.
Ich hätte dringend nötig folgende Sachen: 1 warme Unterhose, warmes Hemd, Swetter, zwei Paar Strümpfe, zwei Taschentücher. Ich verlange diese Sachen in der Hoffnung, dass ich (…) die geliehenen Gegenstände vielfach und mit Dank zurückerstatten kann. Ihre Liebenswürdigkeit vorhinein dankend, verlange von Gott den größten Segen auf Sie und Ihre werte Familie. (…) Ihr ergebener Stefan Fonyo – und ein paar warme Handschuhe“.
Quelle: Franz Xaver Rößle: Der Mut des Alois Elsner. Geschichtsblätter des historischen Vereins Landsberg, 1998.
Nach ihrer Befreiung am 21. Juli 1945 unterzeichneten mehrere ehemalige Häftlinge einen Brief für die amerikanischen Behörden, in dem sie bestätigten, dass Elsner sie während ihrer elf Monate als Zwangsarbeiter – von Juni 1944 bis Kriegsende – als Freund und Helfer unterstützt hatte:
„Er brachte uns verschiedene Dinge, die dazu beitrugen, unsere elende Lage zu verbessern. Wir erhielten Medikamente, Lebensmittel, Kleidung, insbesondere Socken und Unterwäsche. Außerdem warnte er uns immer vor den Plänen der SS. Er riskierte sein Leben, um uns zu helfen. Er ermutigte uns wiederholt zur Flucht und versprach, uns Unterschlupf zu gewähren. Frau Elsner unterstützte ihn ständig bei dieser edlen Mission (…).
Wie sehr Alois und Maria Elsner den Häftlingen halfen, bezeugen Briefe, die sie später von dankbaren Überlebenden erhalten haben:
Am 8.7.1947 schrieb Margit Katz u.a.: „Vielleicht erinnern sie sich nicht mehr an mich: Kaufering drittes Lager in der Küche war ich als „Magd im roten Kopftuch“. Häufig haben Sie mir Strümpfe, Seife, Kämme sogar etwas zu Essen gebracht“.
„Als freier Mann kann ich Ihnen das erste Mal schreiben und danken, dass Sie ein edler und tapferer Mann waren in diesen schweren Zeiten, was wir mitgemacht hatten. Der Herrgott hat unser Leben gerettet: aber dazu haben Sie mir sehr viel geholfen, dass Sie mit Ihrer eigenen Lebensgefahr die Pakete in Lager hereingeschmuggelt haben und damit geholfen haben meinen und mehrere Kameraden vor dem Hungertod zu retten“ schrieb Dr. Berkes Istvan.
Helene Egers Bruder überlebte die Hölle Kaufering. „Dass das möglich war, verdankt er hauptsächlich Ihnen und Ihrem lieben Gatten, die unter Lebensgefahr diesen armen Menschen geholfen haben“ schreibt sie Maria Elsner und in einem weiteren Brief „Ich werde nie vergessen, dass Sie halfen meinen Bruder und andere Unglückliche im KZ vom Hunger und Erfrieren zu retten.“
Quelle: Franz Xaver Rößle: Der Mut des Alois Elsner. Geschichtsblätter des historischen Vereins Landsberg, 1998.
Erinnerungsort Weingut II. Militärgeschichtliche Sammlung ∙ Landsberg am Lech. Verantwortung – Das Gute im Bösen wagen. Alois und Maria Elsner. Gerechte unter den Völkern, S. 13-15.
- Die Europäische Holocaustgedenkstätte am ehemaligen KZ-Außenlager Kaufering VII erinnert an die Opfer des Nationalsozialismus. Besuche sind nur nach Anmeldung bei der Stiftung Europäische Holocaustgedenkstätte e. V. möglich.
- Der Erinnerungsort Weingut II in der Welfen-Kaserne in Landsberg zeigt die von KZ-Häftlingen errichtete Bunkeranlage für die geplante Produktion der Messerschmitt Me 262. Die von der Bundeswehr betreute Ausstellung ist nach Anmeldung zugänglich; Führungen können über die Tourist-Information gebucht werden.
Das Rüstungsprojekt „Ringeltaube“ war ein geheimes Bauvorhaben der Nationalsozialisten, das die Errichtung bombensicherer Bunker bei Landsberg am Lech für die Produktion des Düsenjägers Messerschmitt Me 262 vorsah. Tausende jüdische KZ-Häftlinge mussten unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit in den Außenlagern des KZ Kaufering leisten, wobei viele starben. Das Projekt wurde nie vollständig abgeschlossen.
Ardi Goldman Kunst-
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