Reichman I AM (STILL NOT) SAFE, 2024
Der Kunstparcours
I AM (STILL NOT) SAFE, 2024
Growing up in Apartheid South Africa in a religious Orthodox family, I have moved among many spaces. I like to be able to move freely back and forth. Left and right. Up and down. I think that we, as a society, need to promote more complex and flexible spaces. As such, I am interested in using the conceptual language of poetic politics in my practice.
EDUCATION
M.A. Bezalel Academy of Arts and Design, Jerusalem
GRANTS, AWARDS, RECOGNITION
2023 Research grant. Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Berlin
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Ein Blick hinter das Werk
Für das Union-Areal hat Ariel Reichman eine ortsspezifische Installation entwickelt, bestehend aus dem interaktiven LED-Werk I AM (STILL NOT) SAFE und der Wandmalerei Post Traumatic Birds einer schemenhaften Darstellung zweier übereinander gelagerter, schreiender oder singender Vögel. Beide Arbeiten sind Teil einer konzeptuellen Auseinandersetzung mit kollektiver und individueller Unsicherheit, geprägt von persönlichen, politischen und historischen Erfahrungen.
Die LED-Arbeit ist eine Weiterentwicklung seines Werkes I AM (NOT) SAFE (2020) und stellt eine direkte Reaktion auf die gegenwärtige globale Lage dar. Über den QR-Code können die Besucherinnen und Besucher die Frage „Do you feel safe right now?“ per Handyknopfdruck mit Yes oder No beantworten. Je nach Antwort leuchtet die Schrift I AM (STILL NOT) SAFE oder I AM STILL SAFE auf. Der aktuelle Zustand der Installation auf dem Union-Areal spiegelt das individuelle Empfinden der Teilnehmenden in Echtzeit im urbanen Raum wider.
Reichman macht das subjektive Sicherheitsgefühl – Verunsicherung oder gar Angst – öffentlich sichtbar, flüchtig, situativ, kaum zu verallgemeinern. Die Frage nach Sicherheit bleibt dabei nicht nur individuell, sondern ist zugleich zutiefst politisch und existenziell, besonders vor dem Hintergrund der Ereignisse vom 7. Oktober 2023 in Israel. Absolute Sicherheit, so Reichmans These, ist unmöglich und doch beantwortet jeder Mensch sie für sich, in einem spezifischen Moment.
Die Installation verhandelt menschliche Verletzlichkeit, emotionale Reaktionen auf Krisen und die Ambivalenz zwischen privater Wahrnehmung und öffentlichem Raum. Post Traumatic Birds ergänzt diese Reflexion: Zwei Vögel, gezeichnet zwischen Ausdruck und Auflösung, erscheinen als fragile Metaphern für Verstörung, Erinnerung und Überleben.
In ihrer Symbolik erinnern sie zugleich an eine historische Praxis: In Bergwerken wurden früher Vögel, meist Kanarienvögel oder Papageien, als Frühwarnsystem eingesetzt. Starben die Tiere, war dies ein untrügliches Zeichen für Sauerstoffmangel oder giftige Gase in der Umgebung. In diesem Sinn stehen die Post Traumatic Birds auch für ein sensibles Warnsystem, für das Erspüren unsichtbarer Gefahren, für die feinen, oft überhörten Signale kollektiver und individueller Erschütterung.
Ariel Reichmans Arbeiten verbinden persönliche Erzählungen mit universellen Themen. Geboren in Südafrika, aufgewachsen in Israel und heute in Berlin lebend verknüpft er in seiner multimedialen Praxis Elemente von Ritual, Erinnerung und Wahrnehmung mit poetischen und politischen Fragen. Seine Werke sind durchdrungen vom Bewusstsein der Vergänglichkeit im Sinne des japanischen Begriffs mono no aware: der Traurigkeit über das Vergehen der Dinge und der Empathie mit ihrer momentanen Präsenz.
Über die Künstler:in
Der Künstler Ariel Reichman (*1979 in Johannesburg) lebt seit 2006 in Berlin, wo er an der UdK (Universität der Künste) bei Hito Steyerl studiert hat. Seinen Master absolvierte er 2014 an der Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem. Für seine Objekte und künstlerischen Artefakte erhielt er Auszeichnungen von der Stiftung Kunstfonds, dem Bundesministerium für Kultur und Medien, der Landesregierung NRW und der Senatsverwaltung für Kultur und Europa in Berlin. Er stellte u. a. in der Kunsthalle Mannheim, im Kunstmuseum Wolfsburg, dem Tel Aviv Museum of Art und im Kunstverein in Hamburg aus.
Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gGmbH
60386 Frankfurt