Hoffnungsträger

Aracy de Carvalho 
5. Dez. 1908

·

3. März 2011

Steckbrief

Engel von Hamburg – Visafälscherin

Als Hass und Unrecht den Alltag in Deutschland bestimmen, riskiert Aracy de Carvalho ihr Leben, um Menschen in großer Not zu retten.
5. Dez. 1908

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3. März 2011
Rio Negro

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São Paulo

1934 kommt Aracy de Carvalho mit ihrem fünfjährigen Sohn aus Brasilien zu ihrer Tante nach Hamburg. Die alleinerziehende Mutter, Tochter eines portugiesischen Geschäftsmannes und einer deutschen Mutter, ist in wohlhabenden Verhältnissen aufgewachsen. Sie hat jung geheiratet, doch die Ehe scheitert. Eine Scheidung war nach brasilianischem Recht damals nicht möglich. Um der gesellschaftlichen Ächtung als getrenntlebende Ehefrau im nationalistischen Brasilien zu entkommen, verlässt sie das Land. In Hamburg, der Heimat ihrer Mutter, fühlt sie sich wohl. Sie kümmert sich um ihren Sohn, reist viel, geht aus und sucht Arbeit. Als Aracy, die mehrere Sprachen spricht, 1936 Mitarbeiterin in der Pass- und Visumsstelle des brasilianischen Konsulates in Hamburg wird, sind bereits viele Juden auf der Flucht, auch nach Brasilien. Sie brauchen Visen. Aracys unbeschwertes Leben bekommt erste Risse. Es endet jäh 1938. Die Lage für Juden hat sich dramatisch zugespitzt, verzweifelt versuchen sie Nazi-Deutschland zu verlassen. Aracy, die selbst Ausgrenzung erfahren hat und inzwischen Leiterin der Pass- und Visumsabteilung ist, nutzt ihren Handlungsspielraum voll aus. Weil Brasilien keine jüdischen Einwanderer aufnehmen will, lässt sie kurzerhand die Kennzeichnung „J“ in den Pässen weg und vergibt über ihre Kontakte im Untergrund Ausweisdokumente auch außerhalb des Konsulats. Während der Novemberpogrome 1938 versteckt sie Margarethe Bertel-Levy und deren Ehemann in ihrer Wohnung und verhilft ihnen danach zur Flucht nach Brasilien. Genauso hilft sie auch anderen Juden. Wie vielen sie geholfen hat? Vielleicht 80, mehreren Hundert. Sie weiß es nicht, sie führte keine Liste.

Als man sie später gefragt hat, warum sie ihr Leben riskiert hat, um andere Menschen zu retten, hat sie geantwortet: „Na, weil es richtig war.“

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