Hoffnungsträger

Varian Fry
15. Oktober 1907

13. September 1967

PORTRAIT

Ich konnte nicht länger gleichgültig bleiben.

1935 arbeitet der amerikanische Journalist Varian Fry für kurze Zeit in Berlin. Als er dort Zeuge wird, wie SA-Männer einen jüdischen Mann misshandeln, wird ihm klar: Er kann nicht länger tatenlos zusehen. Zurück in den USA sammelt er Spenden für Verfolgte. Am 25. Juni 1940 wird bei einer von ihm mitorganisierten Aktion in New York das Emergency Rescue Committee (ERC) gegründet – mit dem Ziel, vom NS-Regime Verfolgte Intellektuelle, Künstler und politische Gegner aus Frankreich zu retten.
15. Oktober 1907

13. September 1967
New York

·

Redding

Tatsache war, dass ich überhaupt nicht wusste, wie und wo ich anfangen sollte. Meine Aufgabe bestand darin, bestimmte Flüchtlinge zu retten. Aber wie? Wie mit ihnen in Kontakt kommen? Und was konnte ich für sie tun, wenn ich sie ausfindig gemacht hatte?

Tatsache war, dass ich überhaupt nicht wusste, wie und wo ich anfangen sollte. Meine Aufgabe bestand darin, bestimmte Flüchtlinge zu retten. Aber wie? Wie mit ihnen in Kontakt kommen? Und was konnte ich für sie tun, wenn ich sie ausfindig gemacht hatte?

1935 arbeitet der amerikanische Journalist Varian Fry für kurze Zeit in Berlin. Als er dort Zeuge wird, wie SA-Männer einen jüdischen Mann misshandeln, wird ihm klar: Er kann nicht länger tatenlos zusehen. Zurück in den USA sammelt er Spenden für Verfolgte. Am 25. Juni 1940 wird bei einer von ihm mitorganisierten Aktion in New York das Emergency Rescue Committee (ERC) gegründet – mit dem Ziel, vom NS-Regime Verfolgte Intellektuelle, Künstler und politische Gegner aus Frankreich zu retten.

Im August 1940 reist Fry im Auftrag des ERC nach Marseille – mit 3.000 Dollar, einer Liste mit 200 Namen und Visa-Dokumenten im Gepäck. Im Hotel Splendide richtet er sich ein und beginnt, die auf der Liste vermerkten Personen zu kontaktieren. Doch schon bald spricht sich seine Anwesenheit herum – immer mehr Flüchtlinge suchen seine Hilfe. Täglich versammeln sich verzweifelte Menschen vor seiner Tür, in der Hoffnung auf Rettung.

Schnell wird Fry klar: Er kann nicht nur den 200 auf seiner Liste helfen. Er beschließt, allen zu helfen, die in Gefahr sind. Die Zahl der Hilfesuchenden wächst rasant. Um dem Ansturm zu begegnen, mietet er ein Büro und stellt ein kleines Team zusammen. Tag für Tag führen sie unzählige Gespräche, um herauszufinden, wer am dringendsten Unterstützung benötigt. Als die amerikanischen Visa aufgebraucht sind, sucht Fry nach neuen Wegen: Er organisiert Einreisepapiere für andere Länder, lässt Dokumente fälschen und arbeitet mit Helfern wie Lisa Fittko zusammen, die Flüchtlinge über Schmugglerrouten nach Spanien bringen. Viele können so mit Schiffen oder über den Landweg entkommen.

Frys Rettungsaktionen bleiben nicht unbemerkt. Die französische Polizei beginnt, ihn zu überwachen, durchsucht sein Büro und behindert zunehmend seine Arbeit. Unterstützung von der US-Botschaft in Vichy oder dem Konsulat in Marseille bleibt aus – die amerikanische Einwanderungspolitik zeigt sich strikt und unbeweglich. Im Dezember 1940 wird Fry verhaftet und auf einem Gefängnisschiff im Hafen von Marseille festgehalten. Nach seiner Freilassung arbeitet er unbeirrt weiter – trotz abgelaufenem Pass und illegalem Aufenthalt.  Im August 1941 wird er erneut festgenommen und auf Drängen der US-Behörden aus Frankreich ausgewiesen.

Während seiner Zeit in Marseille, hat Varian Fry rund zweitausend Menschen zur Flucht verholfen. Unter ihnen sind Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle wie die Maler Marc Chagall und Max Ernst sowie der Bildhauer Jaques Lipchitz. Aber auch die Schriftsteller Franz Werfel, Lion Feuchtwanger, Heinrich Mann, Anna Seghers und die Philosophin Hannah Arendt.

Zurück in den USA findet Fry kaum Anerkennung für seine Rettungsaktionen. Er veröffentlicht 1945 das Buch Surrender on Demand über seine Erfahrungen in Marseille, arbeitet später als Journalist, Lateinlehrer und Werbetexter. 1967 stirbt er im Alter von nur 59 Jahren.

„Ich glaube, er war sehr enttäuscht davon, wie er zu Hause empfangen wurde“, sagte sein Sohn, Jim Fry. „Und er war auch enttäuscht davon, dass viele der Künstler und Menschen, denen er geholfen hatte, nicht wirklich anerkennen wollten, wie viel er für sie getan hatte. Ein paar schon, aber andere wollten diesen Teil ihres Lebens nicht nochmal erleben.“

Quelle: Yad Vashem

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