Schulze-Boysen Harro
Hoffnungsträger
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Steckbrief

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Ein Widerstandsnetzwerk, das sich selbst nie so nannte.
Harro Schulze-Boysen, ein Großneffe des Admirals Alfred von Tirpitz, engagiert sich Ende der zwanziger Jahre im Jungdeutschen Orden. Als Herausgeber der Zeitschrift „gegner“ hat er 1932/33 vielfältige Kontakte in politisch unterschiedliche Lager. Nach dem Verbot des „gegner“ und einer kurzfristigen Haft in einem Berliner SA-Folterkeller beginnt Schulze-Boysen im Mai 1933 eine Ausbildung an der Verkehrsfliegerschule in Warnemünde. Seit April 1934 im Reichsluftfahrtministerium tätig, bildet sich Mitte der dreißiger Jahre ein engerer Freundes- und Widerstandskreis heraus, dem seine Frau Libertas, Elfriede Paul, Walter Küchenmeister, Elisabeth und Kurt Schumacher und andere angehören. Der Oberleutnant Schulze-Boysen in der Attaché-Gruppe des Reichsluftfahrtministeriums ist zusammen mit Arvid Harnack der führende Kopf der Widerstandsorganisation Rote Kapelle. Harnack und Schulze-Boysen informieren im ersten Halbjahr 1941 einen Vertreter der sowjetischen Botschaft über die Angriffspläne gegen die Sowjetunion. Schulze-Boysen ist bereit, den Kontakt nach Moskau während der Kriegszeit über ein Funkgerät aufrechtzuerhalten. Durch technische Probleme kommt es nicht zu einer Aufnahme des Sendebetriebes. Schulze-Boysen gewinnt nach dem 22. Juni 1941 neue Mitstreiter, beteiligt sich an der Ausarbeitung von Flugschriften, an einer Zettelklebeaktion und hat Kontakte zu politisch und weltanschaulich unterschiedlich orientierten Hitler-Gegnern. Ende Oktober 1941 empfängt er einen aus Brüssel angereisten Kurier des sowjetischen militärischen Nachrichtendienstes zu einem Gespräch. Aus einem dechiffrierten Telegramm aus Moskau nach Brüssel erfährt die Gestapo Namen und Anschrift von Schulze-Boysen und verhaftet ihn am 31. August 1942. Am 19. Dezember 1942 wird er vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 22. Dezember 1942 auf Befehl Hitlers durch den Strang in Berlin-Plötzensee ermordet.
© Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Johannes Tuchel: „… wenn man bedenkt, wie jung wir sind, so kann man nicht an den Tod glauben.“ Liane Berkowitz, Friedrich Rehmer und die Widerstandsaktionen der Berliner Roten Kapelle. Berlin 2022.
Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Hrsg.): Themenkatalog 14 „Die Rote Kapelle“. Berlin 2018, 2. überarbeitete Auflage.
Hans Coppi: Harro Schulze-Boysen. Eine biographische Studie. Koblenz 1993
Harro Schulze-Boysen: Gegner von heute – Kampfgenossen von morgen. Berlin 1932/Koblenz 1987.
Podcast Rote Kapelle. Auf einem Spaziergang durch Berlin erfahren Sie die Geschichte der legendären Widerstandsgruppe. Ein Projekt von Stefan Roloff, produziert von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand und When 6 is 9 Productions GmbH. Deutsch, Englisch und Spanisch.
In einem Abschiedsbrief an ihren Mann, Cay Hugo Graf von Brockdorff, der ebenfalls inhaftiert war, schrieb sie:
Lachend will ich mein Leben beschließen, so wie ich das Leben lachend am meisten liebte und noch immer liebe.“ Sie beendete den Brief mit den Worten: „Mein Leben hat durch Dich erst Sinn und Inhalt bekommen. Das bewährt sich jetzt. Ich bin gefasst und sehr ruhig.
Deine Erika
Erst Anfang der 2000er Jahre erfuhr Saskia von Brockdorff, dass ihre Mutter ihr kurz vor ihrem Tod einen Abschiedsbrief hinterlassen hatte. Der Brief war ihr über Jahrzehnte vorenthalten worden, sodass sie erst viele Jahre später von seiner Existenz erfuhr. Hier ein Auszug des Briefes
Meine liebe Saskia.
Ich hoffe, dass dich diese Zeilen einmal erreichen werden. Dann werde ich lange nicht mehr sein. Aber ich wollte dir mit diesen Zeilen sagen, dass ich in meiner Zelle sehr oft, ja am meisten nur an dich gedacht habe. Du bist jetzt fünf Jahre alt und noch bei meinen Eltern. Die werden dich über den Schmerz trösten, dass du nun keine Mutter mehr hast. Mein liebes, liebes Kind, ich wünsche dir für dein Leben alles nur erdenklich Gute. Mögest du ein offener, ehrlicher, gerader Mensch werden. […] Man kann mir viel vorwerfen, aber das eine nicht, dass ich keine gute Mutter gewesen. Ich habe das Beste gewollt. Daran sollst du dich immer halten, wenn man mich klein machen will in deinen Augen. Ich habe den festen Glauben, dass mal eine Zeit kommt, wo man anders über mich und die vielen anderen denkt. Ich hätte die auch noch so gerne erlebt. Nun bin ich aber nicht traurig, dass es anders ist. In mir ist eine so wundervolle Ruhe und Klarheit.
Sei tausendmal gegrüßt und geküsst von deiner Mutter.
Ardi Goldman Kunst-
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