Der Kunstparcours

Claudia Mann

Aufrecht Bleiben, 2021

Bronze | 252 x 80 x 60 cm

Der Abdruck hält die Form des Abgeformten im Moment der Abformung präsent, zugleich verdankt er sich aber dem Entzug des Abgeformten. Er ist daher nicht ohne die Abwesenheit des Gegenstandes denkbar, der abgeformt wurde; oder anders: der Abdruck verdankt sich der Abwesenheit seines Gegenstücks.“

Claudia Mann lebt und arbeitet in Düsseldorf und Korschenbroich, DE.
*1982 in Wuppertal, DE

EDUCATION

B.A., Kunst und Anglistik, Bergische Universität Wuppertal, Deutschland
Diplom/MFA, Freie Kunst, Kunstakademie Düsseldorf, Deutschland

GRANTS, AWARDS, RECOGNITION

2022 Neustart Kultur // Stiftung Kunstfonds Bonn
2023 Lothar-Fischer-Preis

Ein Blick hinter das Werk

Claudia Mann – Aufrecht Bleiben

Die Skulptur Aufrecht Bleiben bildet einen zentralen Ausgangspunkt im Werk von Claudia Mann. Grundlage ist eine Grabung: ein längliches, nicht sehr tiefes Erdloch, die Negativform eines menschlichen Körpers, angelehnt an den klassischen S-Schwung der Hochgotik, in dem sich Stand- und Spielbein als Konterbewegung begegnen. Diese Leerstelle körperlicher Präsenz übersetzte sie in eine Bronzeskulptur. Aus einer in den Boden eingeschriebenen Geste entsteht so eine physisch aufgerichtete, eine organische Skulptur, die das menschliche Maß im Erdreich verankert und zugleich aus ihm herauswächst.

Die Verbindung zwischen dem menschlichen Körper und dem Boden, auf dem wir leben, durchzieht Claudia Manns gesamtes Werk – sowohl aus ökologischer Perspektive, die den respektvollen Umgang mit Natur und Umwelt thematisiert, als auch im Sinne einer kunsthistorischen Auseinandersetzung mit dem Medium Skulptur. Schon in ihren Ursprüngen wurden Skulpturen aus natürlichen Materialien geschaffen – herausgeschnitten aus Holz, aus Lehm geformt oder in Stein gehauen. Und immer wieder stand dabei der menschliche Körper im Mittelpunkt. Claudia Mann greift diese Tradition auf und durchdringt sie mit zeitgenössischen Fragen: Was bedeutet Körperlichkeit heute, im Verhältnis zur Umwelt, zur Geschichte, zu sich selbst?

Ihr künstlerisches Verständnis von Skulptur ist dabei weder rein formal noch rein materialbezogen – sondern existenziell. „Zentral steht in meiner Arbeit der Mensch. Dafür muss ich derzeit keinen Menschen modellieren. Ich brauche auch keine Abbilder, sondern ich fusioniere Material und innere (psychische) wie äußere (physische) Vorgänge“, so die Künstlerin. Die Arbeit an der Skulptur begreift sie als Prozess, als Spurensuche, als physisch erfahrbare Reflexion über das Menschsein.

Die Technik der Abformung spielt dabei in diesem Prozess eine zentrale Rolle. Sie erlaubt es, Erdoberflächen, selbst geschaffene Negativräume oder modellierte Landschaftsfragmente zu transformieren. „Abformung gibt mir die Möglichkeit, den Boden anzuheben, ihn anzueignen, umzudrehen, in Bezug zu setzen mit allen Komponenten und noch mal neu zu befragen.“ Ein Erdloch, eine Grube, ein Abdruck werden für sie künstlerische Manifestationen von Präsenz: fragil, offen, lebendig.

So entstehen Werke, die sich buchstäblich aus der Erde heraus entwickeln – meist im unmittelbaren Kontakt mit ihrer Umgebung. Skulpturen, die sich in das ökologische und soziale Gefüge vor Ort einfügen. Mit dem Bewusstsein für Material, Ort und Kontext reflektiert Claudia Mann auch den ökologischen Fußabdruck ihrer Arbeit. Ein Beispiel dieser für sie selbstverständlichen Praxis, ihrer Haltung ist die Reihe Aufrecht Bleiben (2021/22). Werke davon waren im Jacobihaus des Künstlervereins Malkasten zu sehen. Dabei wurde der Boden nicht nur als Träger von Form verstanden, sondern als aktiver Speicher von Zeit, Erinnerung und Geste. Der menschliche Körper, als Abdruck, Bewegung, Idee, bleibt immer präsent – in aufgerichteter Form, im Material, im Raum.

Claudia Manns Werk bewegt sich konsequent zwischen Theorie und Materialität, Körper und Raum, zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Ihre Kunst ist leise und zugleich eindringlich, geerdet und doch offen für Transformation. Sie stellt zentrale Fragen: Was hinterlassen wir in der Welt – und wie bleibt man aufrecht in ihr?

Über die Künstler:in

Die Künstlerin Claudia Mann (*1982 in Wuppertal) lebt seit 2010 in Düsseldorf und studierte an der Kunstakademie Düsseldorf. Neben zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland nahm sie 2016 am Residency-Programm „Artist in Residence, Cité International des Arts“ in Paris teil, gefolgt von einer weiteren Residency 2018 bei PRAKSIS & Fellesverkstedet in Oslo. Die Künstlerin erhielt 2019 ein Stipendium von der Stiftung Kunstfonds Bonn und im Jahr darauf von der Dr.-Dormagen-Guffanti-Stiftung in Köln. 2016 erhielt sie den Förderpreis für Bildende Kunst der Stadt Düsseldorf und 2023 den Lothar-Fischer-Preis.

Ardi Goldman Kunst-
und Kulturstiftung gGmbH

Carl-Benz-Straße 35
60386 Frankfurt

Kontaktieren
Sie uns