Probst Christoph
Hoffnungsträger
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PORTRAIT

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Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit, den ihr um euer Herz gelegt!
Entscheidet euch! (…) Und wenn ihr euch entschieden habt, dann handelt!
Christoph Probst: Aus dem Entwurf eines unveröffentlichten Flugblatts der Weißen Rose
Entscheidet euch! (…) Und wenn ihr euch entschieden habt, dann handelt!
Der 1919 in Murnau/Oberbayern geborene Christoph Probst beginnt nach dem Arbeits- und Wehrdienst 1939 in München das Medizinstudium. Seit 1935 kennt er Alexander Schmorell, mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verbindet. 1941 heiratet Christoph Probst Herta Dohrn, mit der er drei Kinder hat. Alexander Schmorell führt Christoph Probst im Sommer 1942 in den Freundeskreis um Hans Scholl ein. Trotz seiner Versetzung nach Innsbruck im Dezember 1942 beteiligt Probst sich bei seinen Besuchen in München aktiv an der Diskussion des fünften Flugblattes der Weißen Rose und ist auch bereit, selbst eine Flugschrift zu verfassen. Nach der Festnahme der Geschwister Hans und Sophie Scholl findet die Gestapo einen Flugblattentwurf von Probst in Hans Scholls Jackentasche, in dem es heißt: „Hitler und sein Regime muss fallen, damit Deutschland weiterlebt.“ Christoph Probst wird am 20. Februar 1943 in Innsbruck festgenommen und am 22. Februar 1943 gemeinsam mit den Geschwistern Scholl vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Am selben Tag empfängt er unmittelbar vor seiner Hinrichtung im Strafgefängnis München-Stadelheim die katholische Taufe. Sein Schwiegervater Harald Dohrn wird noch am 29. April 1945 im Perlacher Forst bei München ermordet, weil er die Gründung der „Freiheitsaktion Bayern“ begrüßt hat.
© Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Christiane Moll (Hrsg.): Alexander Schmorell – Christoph Probst. Gesammelte Briefe. Berlin 2011.
Christiane Moll: Die Weiße Rose. In: Peter Steinbach/Johannes Tuchel (Hrsg.): Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Berlin und Bonn 1994, S. 443-467.
Christoph Probst an seine Mutter
München-Stadelheim, 22. Februar 1943
Liebstes Mütterchen
Ich danke Dir, daß Du mir das Leben gegeben hast, wenn ich es recht überblicke, so war es ein einziger Weg zu Gott. Da ich aber nicht gern wehmütig werden konnte, springe ich über das letzte Stück hinweg. Mein einziger Kummer ist, daß ich Euch Schmerz bereiten muß. Trauert nicht zu sehr um mich, das würde mir in der Ewigkeit Schmerzen bereiten. Aber jetzt bin ich ja im Himmel u. kann Euch dort einen herrlichen Empfang bereiten.
Eben erfahre ich, daß ich nur noch eine Stunde Zeit habe. Ich werde jetzt die heilige Taufe u. die heilige Kommunion empfangen. Wenn ich keinen Brief mehr schreiben kann, grüße alle Lieben von mir.
Sag ihnen, daß mein Sterben leicht u. freudig war.
Ich denke an meine herrlichen Kinderjahre, an meine herrliche Ehejahre. Durch alles mir schimmern Dein liebes Angesicht. Wie sorgsam u. liebreich warst Du. Laß Dir Dein Lebensfreude nicht nehmen. Werde nicht krank. Wandere Deinen Weg zu Gott weiter.
Immer und ewig Dein Christel, Dein Sohn, Dein Lieber
Mutter liebstes Mutter
Quelle: Christoph Probst: Letzter Brief an seine Mutter, Nr. 178, München-Stadelheim, 22. Februar 1943.
In: Christiane Moll (Hrsg.): Die „Weiße Rose“. Studien- und Dokumentenedition, Band 2: Dokumente. München 1993, S. 885 f.
Christoph Probst an seine Frau
München am 22. Februar 1943
Mein Herzens-Weib!
Gott sei Dank geht es Dir gut und unseren geliebten Kindern auch. Wenn Du an mich denkst, so brauchst Du keine Sorge zu haben. Durch eine unglückselige Ent- und Verwicklung bin ich in der münchener Ge-Stapo gelandet. Es geht mir aber durchaus nicht schlechter hier. Innerlich bin ich ganz ruhig und harre der Dinge, die da kommen sollen. Nie habe ich so viel Kraft aus meiner Liebe zu Dir geschöpft, wie jetzt. Es ist mir, als ob ich mich nie mehr von Dir trennen werde, nicht einmal der Tod. Deine Liebe ist immer lebendig in Dir und so schön, daß ich wohl weiß, daß diese Liebe mich unsterblich machen wird.
Wenn Du Dich nur oft erinnern wolltest, daß ich immer in der Zelle unbekümmert bin, so sei doch ruhig, ganz ruhig und ohne Sorge; ich werde gut behandelt und finde das nötige Verständnis.
Und die Kinder! Eins nach dem anderen steht in meinem Geist vor mir, so hold, so glücklich und unschuldig lieb. Wenn auch Du für alle leben wolltest, ohne je Deine Heiterkeit zu verlieren, dann wäre auch meine letzte Katastrophe noch ein vollgültiges Weilen mit Euch. Meine wunderbare Uli, so tapfer sein, so froh, wie Du es von jeher gewesen bist. Ich will, daß die Kinder an Dir den Mut und das Vertrauen verlieren, den ich ihnen nicht mehr geben kann.
Denke, Du bist von Gott so wunderbar erschaffen, daß Du ihn mit Deinem Dasein preisen mußt. Dein Leben ist das herrlichste Vorbild für die Kinder. Ohne Mitleid haben. Alles kommt, wie es kommen muß, und es ist gut so. Das Wichtigste ist, immer in Gottes Sinn zu leben. Gott lenkt alles. Ich habe Dich nie so geliebt wie in diesen Tagen.
Meine Liebe zu Dir steigt oft ins Maßlose, ich bin Dir unendlich dankbar. Ganz Du und die Kinder will ich lieben.
Es umarmt Dich
Dein Christel.
Der Kleinen gib einen Kuß von mir. (…)
Quelle: Christoph Probst: Letzter Brief an seine Frau Nr. 177, München, 22. Februar 1943.
In: Christiane Moll (Hrsg.): Christoph Probst. Briefe. Berlin 2011, S. 884 f.
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